Dies ist ein Gastbeitrag von meiner lieben Freundin Jana – Viel Spaß beim Lesen 🙂
Sahel – Bei dem Begriff denkt man in Deutschland wohl eher an die Sahelzone, die sich unterhalb der Sahara über den afrikanischen Kontinent erstreckt. Mit dieser hat das ägyptische Sahel (arab. el-Sahel el-Shomali = Nordküste) wenig gemein. Sahel, wie die ägyptische Nordküste am Mittelmeer auch genannt wird, ist das bisher gut behütete Geheimnis der Ägypter – ein Paradies mit weißem Puderzuckerstränden und Türkisen Wasser wie aus dem Bilderbuch, oder vielleicht doch nicht?
Über Sahel
Der Küstenabschnitt Sahel befindet sich ca. drei Autostunden nördlich von Kairo entfernt am schönen Mittelmeer. Einigen wird der Küstenort El-Alamein im Zusammenhang mit dem 2. Weltkrieg bekannt vorkommen, wo 1942 während des 2. Weltkriegs die Schlachten von El-Alamein stattfanden, bei der die deutsch-italienischen Truppen gegen Großbritannien und seine Verbündeten kämpften. Die Alliierten gewannen damals gegen die deutsch-italienischen Truppen. So gibt es dort heute Gedenkstätten mit den damals gefallenen Soldaten. 1959 entstanden hier verschiedene Soldatenfriedhöfe. Der deutsche enthält 4213 Gräber und der italienische 5200 Gräber. Zusätzlich gibt es einen Commonwealth-Kriegsfriedhof, auf dem 7500 Soldaten begraben sind. Die Gedenkstätte kann besucht werden. Die betreffenden Botschaften halten hier jedes Jahr gemeinsam mit dem Militär eine Totenehrung ab und legen Kränze nieder. An diesem bedeutenden Ort ist heute einer der angesagtesten und exklusivsten Badeorte, an den Ägypter jeden Sommer aus Kairo kommen.
Tatsächlich ist die Nordküste für ausländische Touristen weitgehend unbekannt. Die Saison in Sahel dauert nur zwei Monate, von Anfang Juli bis Anfang September. Danach ist der ganze Wahnsinn wieder vorbei bis zum nächsten Jahr. Alle Shops, Restaurants und zum Teil auch Supermärkte schließen ebenfalls und warten auf das nächste Jahr.
In Ägypten herrscht ein regelrechter Hype um Sahel, man könnte es als das Mykonos oder Ibiza Ägyptens bezeichnen.
Mein Trip nach Sahel
Es ist Sommer in Kairo, die Temperaturen klettern auf über 40 Grad und die Hitze ist kaum auszuhalten. Auch das Rote Meer erscheint wie eine Badewanne. Wie toll, dass man dieser Gluthitze in nur drei Stunden entfliehen kann. An der Nordküste ist es immer ca.10 Grad kühler. Ein angenehmer Wind weht. Das Meer ist relativ rau mit hohen Wellen. Der Sand ist schneeweiß und weich und das Meer erscheint in dutzenden Blau- und Türkistönen. Man fühlt sich hier wie im Paradies, wenn der Sand unter den Füßen quietscht und man bei einem Cocktail den Sonnenuntergang über dem karibisch anmutenden Meer genießen kann.
Sahel ist nicht nur ein Küstenabschnitt am Mittelmeer mit traumhaften Stränden, es ist der Place-to-be für Ägypter. Es heißt sehen und gesehen werden. Wofür hat man schließlich das ganze Jahr im Gym auf seine Formet el-Sahel (Sahel-Figur) hin trainiert? Das Beste vom Besten wird eingepackt. Mitunter werden Stunden beim Friseur zugebracht, um mit perfekter Frisur abends am Strand zu glänzen und die Blicke auf sich zu ziehen.
Die Strände
Es gibt auch einen bitteren Beigeschmack. Die Strände sind nicht für jeden zugänglich. Nur der, der jemanden kennt oder gar selbst stolzer Besitzer eines Chalets oder vielleicht sogar einer Villa in einer der vielen luxuriösen Compounds ist, kann sich glücklich schätzen, den Strand
überhaupt betreten zu können. Denn die komplette Küste ist abgesperrt durch Compounds, die sich kilometerlang aneinanderreihen und die Sicht auf das Meer vollständig versperren. Es gibt bewachte Eingänge und Schranken, die einen daran hindern, ins Innere der Gated Communities zu gelangen. Man braucht mindestens einen Zugangscode oder man kann das Meer nicht zu Gesicht bekommen.
Man kann sich z.B. über Airbnb ein (sehr einfaches) Chalet für völlig überhöhte Preise in einem der Compounds buchen und schließlich den feinen Sand unter seinen Füßen spüren. Ein langer und ausgiebiger Strandspaziergang ist nicht vorgesehen, denn der Strand ist unterteilt in Abschnitte für Guests und Owner oder auch Hotels, die es auch in den Compounds gibt. Gäste, die nur ein Chalet gemietet haben, dürfen nicht auf den Abschnitt der Besitzer. Securities passen auf, dass niemand in den falschen Abschnitt gerät.
Transport vor Ort
Eine weitere Schwierigkeit kommt hinzu, sollte man ohne Auto unterwegs sein. Der Küstenabschnitt erstreckt sich über gute 100 Kilometer und alles liegt weit auseinander. Daher braucht man definitiv ein Auto, um von A nach B zu kommen. Wenn man kein Auto zur Verfügung hat, ist Sahel nicht zu empfehlen. Denn auch die Compounds sind so groß, dass man sich mit dem Auto fortbewegen muss.
Die Beach Clubs
Übrigens machen die meisten Locations erst nachmittags zwischen 14 und 18 Uhr auf, da man in Sahel normalerweise die Nacht zum Tag macht und am Morgen darauf erstmal bis mittags schläft. Definitiv nichts für Frühaufsteher. Es gibt ein paar Restaurants, die ab 11 Uhr auch Frühstück anbieten. Sollte man es nicht bis mittags aushalten, kann man natürlich in einen Supermarkt gehen und sich selbst versorgen. Die Strände haben meist auch kleine Street-Food-Stände mit den gängigen ägyptischen Brands.
Bei Sahel selbst gibt es ebenfalls Unterscheidungen. Es gibt eine zusätzliche Trennung in das Sahel el-Tayyeb (das gute Sahel) und das von den Ägyptern getaufte Sahel el-Sherir (das teuflische Sahel). Sahel el-Tayyeb bezeichnet das ältere, ursprüngliche Sahel, das nicht übermäßig luxuriös ist und noch als etwas “konservativer” gilt. Sahel el-Sherir ist am selben Küstenabschnitt etwas weiter westlich, aber deutlich teurer und exklusiver. Hier gibt es alles, was das Partyherz begehrt. Alkohol, knapp bekleidete Damen, Bauchtänzerinnen, Party bis zum Morgengrauen, die besten DJs und alles was sonst noch so dazugehört. Hier trifft sich die Oberschicht Ägyptens, um es in ihrer Bubble richtig krachen zu lassen.
Vor Betreten jeglicher Lokalität am Strand muss man einen Reservierungsprozess durchlaufen. Dieser enthält neben den gängigen Angaben auch ein Feld für die obligatorische Angabe der Social-Media-Profile (Facebook, Instagram) aller Gäste. Werden diese nicht mitgeliefert, wird die Reservierungsanfrage erst gar nicht bearbeitet. Dabei möchte man doch nur an den Strand gehen und nicht ins Berghain in Berlin. Für die hippsten Beachclubs muss man zusätzlich bis zu umgerechnet 100 Euro pro Person an Eintritt zahlen. Abends treten mitunter nicht nur ägyptische, sondern auch Weltstars auf wie J.Lo oder Jason Derulo.
In ein paar Beachclubs ist es verboten, einen Hijab oder einen Burkini zu tragen. Das scheint paradox, da man in einem muslimischen Land ist, in dem die große Mehrheit der Frauen Kopftuch trägt. So wird sichergestellt, dass nur die passenden Gäste kommen.
Fazit
Die Nordküste ist viel mehr als nur ein Badeort und teilweise ein Spiegelbild für die immer mehr auseinanderdriftende ägyptische Gesellschaft. Kann man sich mit diesen Umständen anfreunden und ist bereit, tiefer in die Tasche zu greifen, als man es in Ägypten erwarten würde, dann ist Sahel definitiv eine Reise wert. Besonders, um sich das bunte Treiben dort selbst anzusehen. Hier gibt es definitiv nur positive Vibes und die Beachclubs sind wirklich traumhaft.
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